


Gras war eine der wenigen Ressourcen im Tal, selbst an unwegsamsten Stellen liess man im Sommer das Vieh – grösstenteils Milchvieh – weiden. Das Bavonatal verfügt über 25 Alpen. Die drei Corti der Alpe Sevinèra befinden sich am steilen Taleinschnitt östlich von San Carlo. Diese bereits 1204 dokumentierte Alp wurde durchschnittlich mit einem knappen Dutzend Kühen und etwa hundert Ziegen bestossen, bis man sie 1926 aufgab. Inmitten von Felsblöcken, auf einer Höhe von rund 1200 Metern, in Banèta, befindet sich die unterste Alp, der Corte inferiore.
Das Gebäude in Banèta ist ein einzigartiges Bauwerk: Eine merkwürdige, an einen überhängenden Felsblock angebaute Hütte aus Balken, Pfählen und Steinen. Sie besteht aus mehreren Räumen: In einem befindet sich die Feuerstelle, dort wurde gekäst, in einem anderen war das Nachtlager für die Menschen, ausserdem gab es einen Keller, einen Holzschuppen und einen kleinen Stall mit Futterkrippe. Alle diese miteinander verbundenen, an die Form der Felswand angepassten Räume waren nicht mit einem klassischen Steindach gedeckt, sondern mit dünnen Holzlatten.
Ab den 1930er-Jahren verwaldeten die Weiden zusehends, das Bauwerk hingegen verfiel dank dem schützenden Felsblock nur langsam. Vor einigen Jahren war sein Zustand aber so schlecht, dass konservierenden Massnahmen nicht mehr länger aufgeschoben werden konnten. Das Mauerwerk war an mehreren Stellen ins Gebäudeinnere gestürzt, das Holz der Dächer war morsch oder lose, das Nachtlager und die Fenster und Türen baufällig.
2019 liessen die Fondazione und das Patriziato von Bignasco den Corte Banèta instand setzen: Er ist nicht nur ein besonderes Bauwerk, sondern auch gut erreichbar und er liegt in der Nähe weiterer sehenswerter Zeugnisse des bäuerlichen Lebens – San Carlo ist ein strategisch günstiger Ausgangspunkt für Ausflüge zum verlassenen Weiler Prèsa, zum Gebiet Gannariente und in die Gegend von Robiei.
Nach einem sorgfältigen Abbau der baufälligen Elemente prüfte man, was noch weiterverwendet werden konnte, und baute anschliessend die Wände und das Fachwerk mit den Latten wieder auf. Einige hölzerne Elemente, die Fensterrahmen, der Drehgalgen und die Sprossen der Leiter wurden nachgebaut. Zu didaktischen Zwecken stattete man die Alphütte wieder mit Werkzeug und Hausrat aus vergangenen Zeiten aus. Die alte Weide in der Umgebung der Hütte wurde gesäubert und der Zugangsweg instandgesetzt. Mit dem Wiederaufbau wertete die Fondazione ein bescheidenes, seit einem Jahrhundert nicht mehr genutztes Zeugnis auf, das sonst unweigerlich verschwunden wäre.
Film Banèta